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Nehmen Sie doch den Albrecht: Krücken für Ulrich Chaussy III

6. August 1981, Berlin Hohenschönhausen

Der spätestens nach seiner Inhaftierung im Jahr 1976 für eine freie Mitarbeit beim BND verpflichtete Udo Albrecht – er hatte 1980 unter intriganten Umständen die Gründung der WSG Ausland im Libanon vermittelt – war 1980 wieder einmal aufgrund seiner zahlreichen Straftaten, darunter Banküberfälle und Waffenhandel, in Haft gekommen. Da man ihn aber im Nahen Osten als Informanten eher brauchen konnte als im deutschen Zuchthaus, ließ man ihn bei einem extra eingefädelten Ortstermin an der innerdeutschen Grenze die „Flucht“ in die DDR antreten. Mit solchen Späßen brauchte man freilich der Stasi nicht zu kommen.

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(Einschätzung der HA IX, Anfang 1990)

Man war sich also im Klaren darüber, dass die BRD hier einen Provokateur über die Grenze geschickt hatte und machte sich über dessen Rolle im Libanon als Spitzel im Umkreis der PLO-Führung keine Illusionen. Albrecht wurde selbstverständlich in Haft genommen und ausführlich befragt.

Der Inhalt der strengen Befragung durch die Genossen des MfS und deren Ermittlungsergebnisse im Hinblick auf Albrechts BND-Intrigen wären auch dem Genossen Chaussy dringend zur journalistischen Aufarbeitung zu empfehlen; handeln diese Inhalte doch von genau solchen Vorgängen, die der Verdachtsjournalist sonst ohne weitere Beweise den angeblichen Mitgliedern der WSG unterschiebt. Aber beobachten wir die Vernehmung Albrechts.

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(Vernehmung Udo Albrecht, 6.8. 1981, HA IX)

Hier berichtet Albrecht den Vernehmenden von einem angeblich im Aktenmaterial seines Anwalts Dr. Schöttler aufgetauchten vertraulichen Schreiben des BfV an das BKA, wobei der genaue Inhalt dieses angeblichen Schreibens natürlich der Schwärzung durch die BStU unterliegt. Im Anschluss weist Albrecht auch noch darauf hin, dass sich dieses Schreiben irrtümlich in die Akten verirrt habe, der VS seine Weitergabe an Schöttler also nicht beabsichtigt habe.

Der Vernehmer des MfS wird sich seinen Teil gedacht haben. Eine solche Story sollte natürlich dazu dienen, sich interessant zu machen und als „Informant“ anzudienen, vielleicht noch andere intrigante Ziele zu verfolgen. Sie wird dem Vernehmer deutlich gezeigt haben, mit wem er es bei Albrecht und seinem Anwalt Schöttler zu tun hat, nämlich mit Provokateuren des BND. Welchen Reim man sich beim MfS auf die Funktion Albrechts in der Vermittlung der WSG in den Libanon gemacht hat, wird an dieser Stelle noch Gegenstand eigener Beiträge sein.

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(Ermittlungsergebnis HA IX, 1981)

Eine Interessante Spur, nicht nur für den WSG-Mystiker Chaussy, stellen dagegen die Ermittlungsergebnisse des MfS über die „feindlichen Ermittlungen“ des BKA nach Albrechts Festnahme im Jahr 1976 dar. Dabei ergaben sich eine Reihe von Kontakten Albrechts nach Italien, nicht nur nach Südtirol, wie dies in der zeitgeschichtlichen Literatur so gern breitgetreten wird. Freilich hatte Albrecht mit seiner Anwerbung beim BND den westlichen Diensten eine wahre Infrastruktur der Kontrolle über die Südtiroler Freiheitskämpfer verschafft; dass man es hier aber auch mit Kontakten nach Norditalien, genauer nach Mailand, zu tun hatte, unterliegt bis heute der journalistischen Schweigepflicht.

Wie bei so vielen anderen Dingen auch, die der WSG-Ausland unterstellt werden, liefert hier in Wirklichkeit der BND-Agent Albrecht den realen Hintergrund der journalistischen Verdachtstheorien. Wenn es noch verständlich sein mag, dass die BStU die provokativen Waffengeschäfte des BND schwärzt, dann ist doch die Schwärzung einer uralten Mailänder Adresse, die zu einem Verstorbenen gehört, einigermaßen erstaunlich. Der Name dieses Verstorbenen ergibt sich aus dem Kontext der Albrecht’schen Intrigen, kann mangels Beweisen hier aber nicht öffentlich festgestellt werden.

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(Vernehmung Udo Albrecht, 6.8. 1981, HA IX)

Nachdem Albrecht in seiner Vernehmung eine Reihe von Scheinspuren gelegt und angebliche Unterstützer in der BRD benannt hat, verweist er beflissen auf sein großes Engagement für die spätere WSG-Ausland und ein Treffen mit Spitzen der PLO in Ostberlin im März 1980, bei dem er Ausgaben der WSG-Zeitschrift „Kommando“ vorgelegt haben will. Gegenüber dem Vernehmungsbeamten bemüht sich der Provokateur dann noch, den Eindruck zu erwecken, er habe die Finanzierung der Produktion von Falschgeld im Umfeld der WSG-Ausland vor den Behörden der BRD „verschwiegen“.

Auch diese Behauptung wird dem Beamten des MfS ein Lächeln abgerungen haben. Warum sollte ein BND-Agent eine solche Fälschungsaktion selber finanzieren und vor seinen Auftraggebern verschweigen, wo sie doch ganz offensichtlich Teil eines Konzepts war, einen kriminellen Sumpf aufzuziehen, in dem die Hoffmann-Truppe versinken sollte.

Anstatt sich über das eigene Unwissen um die V-Leute in der WSG zu ärgern, könnte der Verdachtsjournalist Chaussy den Agenten Albrecht, der von außen auf die WSG eingewirkt hat, unter die Lupe nehmen. Wir wünschen ihm dabei viel Erfolg, und dieser Wunsch ist ernst gemeint.