Hugo Chaussy and his Propagandaverbrechers: Der Sound der Geheimdienste
Juni 2015, das Rundfunknetz, beschränkte Wellen
Das hätte sich der Autor dieser Zeilen auch nicht träumen lassen, dass ihn die Vergangenheit einmal auf eine so heitere Weise einholen würde. Wenn er nämlich auch eine militärische Null ist, so verfügt er doch über einen Drill; zwar keinen militärischen, so doch einen marxistischen. Noch dazu einer Wehrsportgruppe, nämlich der geistigen Wehrsportgruppe des Musiksoziologen und genialen Schülers von Georg Knepler, Peter Wicke, der dereinst in den 90er-Jahren seine Mannen auf die marxistische Analyse von Popmusik gedrillt hat.
Ganz im Sinne des Mottos der legendären Elektrogruppe „Kraftwerk“ gab Wicke damals die Parole aus „Es wird immer weiter gehn: Musik als Träger von Ideen“ und schickte einen jeden Jungmann über die Hürden, der nicht in der Lage war, wie aus der Pistole geschossen den Sozialcharakter der Musik irgend einer damals angesagten Boyband herunterzubeten.
Der Anlass dieser plötzlichen Erinnerung war ein Radiobeitrag:
(Kulturjournal; Bayern 2, Sonntag 21.06.2015, 18 Uhr 05)
Wie Schuppen fiel es mir von den Augen; Ullrich Chaussy ist im Hinblick auf seine Propagandaaktivitäten nicht als Linker, nicht als Journalist, auch nicht als einfacher Staatslügner zu betrachten. Er ist ein Popmusikkonsument, einer, der seine Ideen an die Musik hängt und aus der resultierenden „Stimmung“ sein Weltbild bezieht. Es handelt sich um einen Menschen, der den Staatsterror als Sound, als wohligen Schauer konsumiert und naturgemäß auch niemals will, dass er aufhört, schließlich soll es immer weiter gehn.
Da ja nicht alle Leser eine Ausbildung in der Wehrsportgruppe Wicke genossen haben und fachchinesische Gedanken nachvollziehen wollen, werde ich meine erstaunliche Erkenntnis näher erklären. Wen das langweilt, der mag unten beim roten Kapitälchen weiterlesen.
Das Radiofeuilleton, dessen Beginn Sie oben anklicken können, entstammt Chaussys alltäglicher Arbeit beim Bayerischen Rundfunk. Es handelt sich um eine Sendung, die die besondere Eigenschaft hat, Popmusik mit Geheimdienstthemen zu einem Radio-Brei zu vermengen, der den Zuhörern eine bestimmte „Stimmung“ suggerieren, ihnen den Konsum dieser Stimmung anbieten soll. Chaussy selbst fungiert darin als Sprecher, was uns vor dem Hintergrund der besonderen Thematik der Sendung einen erschütternden Einblick in sein Weltbild gewährt.
Zunächst ist die Kombination der Sendungselemente interessant. Chaussy hat sich für seine Sendung eine musikalische Kulisse ausgesucht, die als „Träger“ seiner Idee vom Terror nicht geeigneter sein könnte: Der australische Liedermacher Hugo Race (was für ein Name aus dem Mund Chaussys) stammt aus dem Umfeld des berühmten Nick Cave, der wiederum für seine ironisch-pathetische Sexualmythologie bekannt ist. Aus marxistischer Sicht bezieht auch die Musik von Race ihre Attraktivität für westliche Musikkonsumenten aus einer schwülstigen Mystifikation von Sexualität, die im Spätkapitalismus durch die Entfremdung der Gesellschaftsprozesse, die Ideologie des Individualismus und die Verdinglichung in der Pornographie ihre Spontanität verloren hat.
(Nick Cave entdeckt Kylie Minogues Leiche, Musikvideo aus dem Jahr 1995)
Es handelt sich um eine Musik, die durch Rückgriffe auf als „vormodern“ gedachte musikalische Elemente die Illusion eines Rückschritts hinter den Zustand der vollendeten Aufklärung verkaufen will. Sie stellt gleichsam einen Zustand des Unbewussten her, wo das Bewusstsein sich gegen das Leben richtet. Der Marxist nennt so etwas historische Regression.
Chaussy kombiniert nun diese „düstere“, in Wirklichkeit nur illusionäre, Musik mit Geheimdienstthemen. Diese Kombination ist problematisch, denn sie rührt eine geistige Suppe an, die dem Geheimdienstthema etwas von der Regression der Musik von Hugo Race mitgibt. Die „Stimmung“, die Chaussy mit dieser Kombination erzeugen will, wird von ihm nicht umsonst so hervorgehoben: Die Musik gibt den Träger ab für die Haltung gegenüber den Geheimdiensten und dem Staatsterror, die hier verkauft werden soll.
Welche Haltung ist das nun, was will Chaussy mit seiner „Stimmung“?
Dadurch, dass das Terror- und Geheimdienstthema in die „Düsternis“ der Musik einbezogen wird, wird in Wirklichkeit keine „passende Musik“ zu einem Thema geliefert sondern eine Aussage über die Geheimdienste und den Staatsterror gemacht, die eindeutiger kaum sein könnte. Diese Aussage verknüpft die regressive Haltung der Musik mit dem politischen Thema und schwindelt den Zuhörer in die Rolle desjenigen, der die „Düsternis“ der Geheimdienste, also ihre Verbrechen, als erleichterndes Moment konsumiert.
Auf gut Deutsch: Chaussy bietet dem Zuhörer an, die mangelnde Aufklärung der Verbrechen von Geheimdiensten als Stimmung zu genießen. Der Zuhörer soll wie Chaussy das Gefühl erleben, dass diese Verbrechen Mythen sind, die uns aus dem Alltag erlösen können. Konsumiert werden Leichen und staatliche Vertuschung.
(Gegenstand schwülstigen Konsums: Uwe Mundlos)
Chaussy will gar keine Aufklärung sondern das Gegenteil; er benutzt den Umstand, dass die Verbrechen der Geheimdienste nicht aufgeklärt sind, als Werkzeug, um sich gut zu fühlen. Wie ein normaler Popmusik-Konsument.
Alles, was an mahnenden Worten und brütender Energie in diesen Terror-Konsum gesteckt wird, dient der emotionalen Selbstbefriedigung, nicht der Aufklärung. Die Aufklärung wäre das Ende seiner „Stimmung“, seines Erleichterungsgefühls als Konsument.
Chaussy braucht den Staatsterror wie die frustrierte Hausfrau die Pille.
Dass im Feuilleton, das Sie oben anklicken können, auch ein Oliver Schröm vorkommt, ist eine witzige Fußnote. Dieser Mann kroch dem AK-NSU so lange in den Arsch, bis er erschüttert feststellen musste, dass er den jährlichen Preis des „Netzwerks Recherche“ an Chaussy zu vergeben hatte. Dann war Polen offen und der AK-NSU Teufelswerk. Schröm zerriss sich das Maul, wo er nur konnte.
Am Ende bedankte sich Chaussy bei Schröm für die Preisverleihung mit der Einladung in seine Radiosendung; Schröms aktuelles Buch wollte beworben werden.
Peinliches Gesindel. Über die Hürden.
Zum Thema Chaussy fiel mir noch dieser kurze Spielfilm auf, in dem Benno Fürmann als Ulrich Chaussy dilettiert. Wer die Dokumentation „Der blinde Fleck“ mit dem echten Chaussy gesehen hat, wird sofort erkennen, was ich meine…
Völlig neben seiner Rolle auch der mir unbekannte Schauspieler, der hier Karl-Heinz Hoffmann darstellt.
Auch das Drehbuch hat Schwächen, pflanzt es doch dem Zuschauer den Wunsch nach dem baldigen Abgang des Filmhelden (B. Fürmann) aus dieser für ihn peinlichen Szene tief ins Herz.
Die ganze Szene wirkt im übrigen so, als ob Fürmann seinen Text vergessen habe…
Sorry, war ein Missverständnis. Bitte poste den Link noch einmal, er wird dann freigeschaltet
Das ist der Link zum Film auf youtube: https://m.youtube.com/watch?v=xGj04NLG60E
Servus