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Neuenglischer Horror aus der Frankfurter Kanzlei: Debevoise and Plimpton

Frankfurt am Main, 30. März 2015, 9 Uhr 47

Über die IP-Adresse der Frankfurter Dependance einer der renommiertesten US-amerikanischen Anwaltskanzleien macht sich der Neonazi Arndt Heinz Marx daran, an einer so genannten Kommentarschlacht im Internet teilzunehmen. Inmitten der arbeitsamen Umgebung am nördlichen Rand der Frankfurter Innenstadt vermag sich Marx diese kleine Auszeit vom Arbeitsalltag, die freilich mit hektischer Aktivität gefüllt sein wird, zu gönnen.

Marx war durch die Veröffentlichungen eines Blogs aufgeschreckt worden, der ihm seine finsteren Aktionen als Mitglied der WSG-Ausland während der frühen 80er- Jahre sowie seine Unwahrheiten und Lügen im Umfeld der medialen Beschäftigung mit dem Oktoberfestattentat vorzuhalten begonnen hatte. Vom Bürogebäude in der Taubenstraße, das die Kanzlei Debevoise & Plimpton beherbergt, geht der Blick zum Eschenheimer Tor, einem Rest der mittelalterlichen Stadtbefestigung. Dort war über Jahrhunderte kein Durchkommen für die Juden gewesen; aber Marx hat jetzt andere Sorgen.

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Marx wehrt sich verbissen gegen die beweisfähigen Darstellungen auf dem besagten Blog und setzt an diesem Vormittag eine Reihe von Kommentaren ab. Hinter dem für ihn schockierenden, leicht altfränkischen Nominalstil der Berichte, die er einen nach dem anderen durchsieht, vermutet er irrtümlich den von ihm gehassten ehemaligen Chef der WSG, Karl Heinz Hoffmann. Um diesen von seinem vermeintlichen Vorhaben abzubringen, Marxens damalige Falschaussagen und andere Straftaten zu dokumentieren, setzt er alle Tricks der Troll-Kunst ein. Bereits seit Jahren stellt Marx Hoffmann im Internet nach; der neue Blog bringt ihn nun aber endgültig aus der Ruhe.

Unter anderem berichtet er in Kommentarversuchen am Blog hinterhältig von Mordplänen, die Mitglieder der WSG-Ausland unter Beteiligung von Marx gegen ihren „Chef“ ausgeheckt haben sollen. Marx war damals wegen dieser Pläne von Hoffmann festgenommen worden und sagte später im Zusammenwirken mit dem frei drehenden Zeugen Mainka falsch über dieses Ereignis aus, was Hoffmann eine lange Gefängnisstrafe einbrachte.

Alles in allem machen Marxens Kommentare einen verzweifelten Eindruck und verfehlen selbstverständlich ihre Wirkung. Wo sie Beleidigungen oder nationalsozialistische Propaganda enthalten, werden sie wohl vom Moderator des Blogs gelöscht.

Wenige Tage später wird öffentlich, dass Marx die IP-Adresse einer renommierten Frankfurter Anwaltskanzlei für seine Kommentare benutzt und trotz gegenteiliger Bekundung zu Ostern nachweislich ein Himmlerbild samt zynischem Gruß an Hoffmann versandt hat. Marx sitzt in der Falle. Er und die Anwaltskanzlei Debevoise & Plimpton müssen erklären, wie solche Sendungen zustande kommen, ihnen stehen Strafanzeigen ins Haus.

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(Facebook-Eintrag Marxens vom 31.10. 2014; der Facebook-Nutzer Marx erläutert einem Leser die Hintergründe der Entstehung des oben zu sehenden Porträtfotos. Es handelt sich um eine professionelle Aufnahme, und Marx bemerkt: „Hat sich die Firma was kosten lassen.“)

Da Marx sich um den 10.4. 2015 am Blog dem fundierten Verdacht der Mitarbeit bei Geheimdiensten ausgesetzt sieht, tritt der Neonazi schließlich die Flucht nach vorne an und versendet gezielte Desinformation an Hoffmann, der gar nicht der Betreiber des Blogs ist. In diesen Sendungen legt er Material vor, das „beweisen“ soll, dass Marx Ende der 80er-Jahre in Südamerika als Söldner der CIA tätig gewesen sei. Diese albernen Späße werden selbstverständlich mit einem Lächeln abgetan und im Folgenden ignoriert.

Nach kurzer Recherche im Arbeitskreis NSU steht dann fest, dass in die Kanzlei Debevoise & Plimpton zahleiche Anwälte jüdischer Herkunft als Partner integriert sind; welche Verwendung man dort aber, noch dazu in der Frankfurter Dependance, für einen bekennenden Neonazi hat, der die Vormittage mit Kommentarschlachten zubringt, lässt sich nicht so ohne weiteres feststellen.

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(Marx, die schmächtige Person in Rückenansicht, wird befördert; anwesend sind neben Hoffmann auch WSG-Major Bernd Grett und Männer der Stammabteilung Neuburg an der Donau)

Die Kanzlei Debevoise & Plimpton ist allerdings für ihre scharfe „Ermittlungstätigkeit“ bei internen Untersuchungen in großen Unternehmen bekannt. Ihre Methoden bringen der Kanzlei im Jahr 2014 einen Bericht auf Zeit Online ein, in dem von regelrechten Verhören die Rede ist, bei denen die Beschuldigten nicht wie bei behördlichen Ermittlungen ein Schweigerecht besäßen. Die Arbeitsweise der Kanzlei wird mit den Methoden einer anderen Kanzlei in Verbindung gebracht, die angeblich Rollkommandos von dutzenden Mitarbeitern überraschende Untersuchungen durchführen und Handys sowie Festplatten beschlagnahmen lässt.

Da Marx bei Facebook damit prahlt, „die Firma“ habe ihm sündteure Porträtfotografien spendiert, und es sich bei Debevoise & Plimpton überhaupt um ein Haus handelt, in dem der Umgang mit sensiblen Daten ein großes Thema ist (schließlich ist man im Bereich des Urheber- und Kartellrechts tätig), kann nur schwerlich davon ausgegangen werden, dass man in der Kanzlei Marxens Person, sein Vorleben und seine Haltung, auch in politischen Dingen, nicht kennt.

Ob Debevoise & Plimpton die bewiesene Schärfe der internen Ermittlungstätigkeit auch bei Marx, dem Zeitzeugen par excellence, wie er sich selber nennt, zeigen wird, mag sich weisen.

Fest steht allerdings, dass ein Unternehmen wie Debevoise & Plimpton vollständig jenem Klischee entspricht, das der Nationalsozialismus seit jeher von jenen Unternehmen der „Ostküste“ entwickelt hat, die auch von Menschen jüdischer Herkunft betrieben werden. Die Nähe zu großen internationalen Kapitalgesellschaften, wie mag sie dem Neonazi Marx in diesem Zusammenhang schmecken?

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(Der US-amerikanische Autor H.P. Lovecraft aus Providence, New England)

Marxens Kommentarwahnsinn aus düsterer Kanzlei steht da durchaus in der Nähe jenes neuenglischen Horrors, den der legendäre H.P. Lovecraft aus seinen Astounding Stories sprechen lässt: In den blasphemischen Monstern und den erbärmlichen Zwischenwesen mit heimlichen Schwimmhäuten zwischen den Fingern gestaltete dieser Autor das Entsetzen über die Entmenschung durch das Großkapital, die Angst davor, dass der Businessman zum Teufel aus der anderen Welt wird und sich alles mögliche Gelichter dienstbar macht.

Kann diese Entmenschung so weit gehen, Marx als Mitarbeiter zu beschäftigen und seine Aktivitäten zu decken?

 

2 Gedanken zu „Neuenglischer Horror aus der Frankfurter Kanzlei: Debevoise and Plimpton“

  1. PeterderPan sagt:

    Wirklich respekt für eure Arbeit hier, aber wie kommt Ihr darauf das dieser Typ „Neonazi“ oder ähnliches ist?? Will ja nicht kleinlich sein aber gerade hier sollte man da schon unterscheiden.
    Es ist ja gerade durch seine mails offensichtlich das er nur provozieren usw, will.
    Danke trotzdem für eure Mühe

  2. „Wieso glaubt ihr dass der Typ ein Nazi ist?“
    Wir bezeichneten ihn so, weil der Typ (Marx) sich selbst so darstellt. Aber was ist Nationalsozialismus? Es kommt immer darauf an was man darunter versteht. Das kann vielschichtig und sehr unterschiedlich sein. Wir enthalten uns jeder Diskussion zu dieser Frage.
    Im Bezug auf Arndt Heinz Marx dürfte allerdings klar sein dass er den von seinem Idol Heinrich Himmler vorgegbenen pseudowissenschaftlichen Anforderungen nicht genügen würde. Marx schwärmt vom Reichsführer SS. Das hat ihn aber nicht gehindert den Wahlspruch der SS „Meine Ehre heißt Treue“ mit Füßen zu treten. Einen vernünftig nachvollziehbaren Grund hatte Marx nicht, als er seinen damaligen Chef, dem er freiwillig in den Libano gefolgt war, durch Lügen ins Gefängnis brachte.
    Im Prozess gegen Karl-Heinz Hoffmann sagte der als Gutachter bestellte Psychothrapeut Prof. Dietrich: „Sie haben ihm die Treue nicht gehalten, auf die er Anspruch hatte.“

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