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Waffenverkünder Pflieger und sein heimlicher Raucher Behle

Bundesanwaltschaft in Karlsruhe, 13. März 1981

Der junge Oberstaatsanwalt , Mitarbeiter der Bundesanwaltschaft und späterer Generalstaatsanwalt von Baden-Württemberg sowie Buchautor, legt einen Vermerk an. Gegenstand des Vermerks sind vorgebliche Erkenntnisse der Bundesanwaltschaft zu Vorgängen in Syrien und im . Pflieger ist im Bilde über die , die kurz nach dem Attentat an seinen Chef Rebmann herangetragen worden sind; auch dass man den Minister über die eigenen Erkenntnisse und ihm die Frage nach den vorgeblichen Kontakten Hoffmanns zur Falange zunächst nicht beantwortet hat, muss Pflieger bekannt sein.

Pflieger ist ein Bote, der zwar keine schlechten, aber doch überbringt; dies an entscheidenden Punkten der deutschen Geschichte, sei es hier im Umfeld des Oktoberfestattentats (1981) oder viel später beim NSU (2011). Wenn es auch im allgemeinen heißt, dass man den Überbringer der Nachricht nicht für deren Inhalt zur Rechenschaft ziehen sollte, so mag der Leser entscheiden, ob dies im Fall von Oberstaatsanwalt Pflieger unbedingt genauso gesehen werden muss.

Ein Wanderer durch die Zeiten, der Herr Pflieger.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Pflieger berichtet in seinem Vermerk von einer Vernehmung in Paris. Dort, in der deutschen Botschaft, war wenige Tage zuvor ein Mann vernommen worden, der sich als Informant zur Verfügung gestellt und über eine angebliche Sichtung von Hoffmann in Damaskus berichtet hatte. Nach eigenen Angaben war der Mann, ein Tunesier, aus eigenem Antrieb zu den Deutschen gekommen, weil er als Kellner in einem Hotel etwas über das Oktoberfestattentat gehört hatte.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Der scheue, in manchen Fragen aber redselige Mann hatte keine Angaben zu seinem Aufenthaltsort gemacht. Im August 1980 hatte er im Hotel „Byblos“ in Damaskus als Bedienung zu arbeiten begonnen und seine Tätigkeit bis Mitte Oktober 1980 fortgesetzt. Anfang Oktober will er nach eigenen Angaben dort zwei Menschen bemerkt haben, die sich nicht wie Touristen verhalten hätten.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Die wenig präzisen Angaben des tunesischen Selbstanbieters beziehen ich auf den tatsächlichen Aufenthalt Hoffmanns in einem Hotel in Damaskus zu jener Zeit. Er war dort in Begleitung des sympathischen Postlers und bis dato unerkannten Spitzels . Behle hatte sich für den Dienst im Libanon interessiert und war von Hoffmann nach Damaskus mitgenommen worden, wo er einige Tage im Hotel auf Hoffmann warten sollte. Dieser wollte vom Libanon aus Behles Einreise organisieren.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Der heimliche Raucher Behle – ob Pflieger über dessen Bescheid weiß, entzieht sich der Kenntnis der Nachwelt – ist aber nur nach außen hin ein harmloser junger Mann. Tatsächlich frisst er bei seinem Aufenthalt im damaszenischen Hotel ganz andere Dinge aus als bloß zu rauchen und zu trinken. In dieser „sturmfreien“ Atmosphäre, so übermittelt es Oberstaatsanwalt Pflieger an den Innenminister, spielen sich nach der Aussage des tunesischen Kellners Szenen ab, die trotz ihrer Banalität bis heute der staatlichen Desinformation Nahrung geben.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Mit dem nachträglichen Wissen, dass Behle von einem Geheimdienst zu Hoffmann geschickt worden war, mutet diese Szene, aber auch die Tatsache der Erzählung durch den Tunesier, einigermaßen merkwürdig an. So, wie es der „Zeuge“, der ein dubioser Informant ist und sonst gar nichts, darstellt, muss Behle in seinem Rausch buchstäblich ein professionelles Framing vorgenommen haben: Die WSG wird durch ein „Emblem“ optisch präsentiert und als „Organisation“ bezeichnet; Behle, der nie Mitglied der alten Wehrsportgruppe vor dem 30. Januar 1980 war, schafft dann durch sein „Bekenntnis“ buchstäblich ein Selbstbekenntnis der WSG zur Täterschaft beim Oktoberfestattentat.

Und dieser Käse, dessen Hintergründe ohne weiteres als banale Geheimdienstintrige erklärbar sind, wird bis zum heutigen Tag von der Antifa . Ob relativiert oder nicht, Behles multimedialer Coup blieb hängen.

Dass der gute Tunesier die gleichzeitige Anwesenheit des Stern-Journalisten im Hotel Byblos nicht bemerkt haben will, befremdet ein wenig. Immerhin konnte der Mann sogar von Hoffmann dort ausgemacht (wenn auch nicht als Journalist erkannt) werden. Später, vor Gericht, sollte Pölchau die Aussage zu seinem Aufenthalt verweigern. Informantenschutz oder Staatsschutz?

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Was der sympathische Postler von sich gab und Oberstaatsanwalt Pflieger weiter trägt, ist wie jede geheimdienstliche Scheinspur auch nach Jahrzehnten noch bei der Antifa anschlussfähig. Noch den letzten Knochen aus einem erfundenen Emblem greift man sich und bastelt Verdachtsmomente daraus. Und die Legende von der zweiten Bombe, sie wurde im Hotel in Damaskus beim heimlichen Rauchen auf Jahrzehnte befestigt.

Wer die Aussagen der Tatzeugen von der Teresienwiese gelesen hat, der wird unzählige verschiedene „sichere Wahrnehmungen“ zum Tatablauf kennen. Der eine Zeuge sah eine Stichflamme von 15 Metern, der andere von 2 Metern Höhe. Bei dem einen war die erste Flamme blau, beim zweiten grün. Bei dritten rot, und beim vierten waren es zwei Bomben, weil die Bombe ja tatsächlich aus einer Zündladung und dem eigentlichen Sprengsatz bestand. Im 炒外汇开户 Schock der Situation werden aus den wenigen Sekunden, die zwischen der bunten Stichflamme der Zündladung und der eigentlichen Detonation lagen, zwei Bomben. Dass ein Mensch, der durch die Luft gewirbelt wird, nicht sicher sagen kann, ob man es mit zwei verschiedenen Detonationen zu tun hatte, ist klar. Auch die Frage, wo die Stichflamme hochgegangen sein muss, lässt sich durch einen selbst betroffenen Zeugen schwerlich sicher beantworten.

Freilich bietet die Scheinspur in Behles Aussage bis heute die Möglichkeit, . Ob mit oder ohne Totenkopf.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Bei dieser Passage scheint es fast, als habe der Tunesier seine Stärken im Aushorchen zeigen wollen. Ein „vielsagendes“ Schweigen von betrunkenen Gästen ist zwar auch dem Autor dieser Zeilen, der jahrelang Barkeeper war, nicht fremd. Die willfährige Interpretation des Informanten und deren Weitergabe durch Pflieger müssen aber dennoch überraschen.

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Immer wieder kommt der Informant auf Behles falsches Bekenntnis zurück. Heimweh als Beleg für die Wahrhaftigkeit von Behles Aussagen; auch das wirkt zumindest so, als ob da jemand Fleisch an den geheimdienstlichen Knochen gepappt haben könnte. Wir wissen es nicht; aber Pflieger gibt die Information gern weiter, und der Minister soll es lesen. Ob er was zu sagen hatte, der Herr Baum zu jener Zeit oder er bloß ein Kaspar war, an der Nase herumgeführt von den eigenen Leuten? Wer weiß das schon?

(Aktenvermerk von Pflieger, 13. März 1981)

Zum Schluss noch geklaute Postkarten, die man bei Bedarf gegen Verdächtige herausgeben kann… Herr Pflieger… was haben Sie gemacht zwischen 1981 und 2011, als sie noch Waffen als Tatwaffen ausgegeben haben? Wir wissen es nicht.

Mutmaßungen.