Walter Ulrich Behle: Der sympathische Postler und die Sprengstofflegenden
Spätherbst 1981, Bayerisches Landeskriminalamt, München
Nach der Verhaftung Hoffmanns im Sommer 1981 am Frankfurter Flughafen und der darauffolgenden Verhaftung der meisten Mitglieder der WSG-Ausland in der Zeit bis zum Ende desselben Jahres hat die bundesdeutsche Justiz eine ganze Reihe von Problemen zu bewältigen: Immer wieder müssen Haftgründe gegen Hoffmann gefunden werden, denn freilassen will man ihn auf keinen Fall; und die wild zusammen gewürfelte Beschuldigtenliste des Ermittlungsverfahrens zum Oktoberfestattentat ist kreativ abzuarbeiten. Dabei geht es natürlich auch darum, den Personenkreis der Beschuldigten, die mit der Tat offenkundig nichts zu tun haben (man denke an den zur Tatzeit 17-jährigen Michael Ruttor, der sich als Beschuldigter des Verbrechens wiederfand, weil er Hoffmann beim Mauern in Ermreuth geholfen hatte) und die ehemaligen Mitglieder der WSG-Ausland unter Druck zu setzen: Hoffmann soll mit welchen Aussagen auch immer, in welcher Sache immer, schwer belastet werden.
Nebenbei sollen nachträgliche Rechtfertigungen für das Ermittlungsverfahren zum Oktoberfestattentat herausspringen.
(Ermittlungsbericht Strafanzeige BLKA, 28.5.1982, Blatt 0 02132)
Es geht darum, Hoffmann zu „verknacken“, und zwar mit allen Mitteln. Da die Sache mit dem Ermittlungsverfahren zum Oktoberfestattentat langsam zum absurden Theater ausartet und der Doppelmord von Erlangen einfach zu wenig Material gegen Hoffmann abwirft, „krebst“ das BLKA mit der Anstiftung von Aussage-Intrigen innerhalb der Personengruppe der ehemaligen WSG-Ausland und kabarettreifen Strafanzeigen wegen des angeblichen Diebstahls von Kreissägen und Abflussrohren vor sich hin. Es wird ein Karussell der gegenseitigen Denunziation eröffnet, wobei man den „Belastungszeugen“ Versprechungen macht oder sie auf bestehende Verpflichtungen anderer Art hinweist.
Das vom WSG-Ausland-Abtrünnigen Uwe Mainka in Gang gesetzte Affentheater der Kreissägen- und Abflussrohrstory erscheint aus heutiger Sicht fast so lächerlich wie die Intrigen im aktuellen NSU-Verfahren; daher kann das Ergebnis dieser Arbeitsbeschaffungs- und Haftverlängerungsmaßnahme des BLKA ohne weiteres vorweggenommen werden:
(Ermittlungsbericht Strafanzeige BLKA, 28.5.1982, Blatt 0 02135)
Wo es nicht einmal Geschädigte gibt und die angebliche Straftat der Verjährung entgegen geht, da fragt sich der Leser natürlich, wie ein solcher Unsinn unter erwachsenen Menschen überhaupt geschehen kann. Er konnte, weil ein gewisser Walter Ulrich Behle im Rahmen dieser eines Ionesco würdigen Prozedur Aussagen gemacht hatte, die dem Ganzen Leben einzuhauchen vermochten. Dieser Behle hatte seit jenen Tagen kurz vor dem Anschlag, in denen Hoffmann seinen ebenso banalen wie legendären Fahrzeug-Konvoi auf den Weg bringen wollte, eine überaus dubiose Rolle gespielt.
Behle war bis zum Sommer 1980 als Postbeamter tätig gewesen. Geboren am 26. September 1959 in Gelsenkirchen, zur Zeit des Anschlags wohnhaft in Nettetal, einer kleinen Stadt an der holländischen Grenze in Nordrhein-Westfalen, hatte er sich bei Hoffmann gemeldet und war zur Fahrbegleitung des besagten Konvois zugelassen worden. Der Tag des geplanten (und um einen Tag verschobenen) Aufbruchs des Konvois und damit der Tag des Anschlag war sein Geburtstag.
Später sollte Behle als Mitarbeiter des Verfassungsschutzes und bezahlter Zuträger einer antideutschen Illustrierten entlarvt werden; doch in der letzten Septemberwoche 1980 tritt Behle Hoffmann als sympathischer, lustiger junger Mensch entgegen, dem wohl viel zuzutrauen war, nur nicht das, was er tatsächlich tat. Behle besticht durch nette Erzählungen, von denen man nicht genau sagen kann, ob sie erfunden sind, amüsiert aber sein Gegenüber damit. So berichtet er von angeblichen Anfällen von Faulheit als Postler, die ihn dazu bewogen hätten, sich an ein stilles Örtchen zu setzen und die Briefe der Leute selber zu lesen, bevor sie auf Nimmerwiedersehen verschwunden sein sollen.
(Pressekonferenz Behles nach seiner Flucht zur Falange-Miliz im Libanon, 1981)
Dieser nette junge Mann folgte Hoffmann später in den Libanon, nicht ohne einen Journalisten der besagten antideutschen Illustrierten auf Hoffmanns Fährte zu setzen und kurz vor seiner Einführung bei der WSG-Ausland gegenüber arabischen V-Leuten angeblich besoffen und doch stocknüchtern zu behaupten, „Das mit dem Oktoberfestattentat, das waren wir.“
Als Schauspieler par excellence (den Rang des Zeitzeugen par excellence muss er an den Oktoberfestlügner und Folterfreiwilligen Arndt Heinz Marx abtreten, der sich in Bälde an dieser Stelle weitere Backpfeifen abholen darf) schlug sich Behle gut durch die Zeit im Libanon, bevor er zusammen mit einem Kameraden zu der Gegenseite, der libanesischen Falange, überwechselte, was medial über die Maßen ausgeschlachtet werden sollte. Massenmedien und westliche Geheimdienste, wohin der verkrachte Postler nur seinen Fuß setzte.
Zurück zu unserem kleinen absurden „Ermittlungsverfahren“ wegen Kreissägen- und Abflussrohrdiebstahl zur Jahreswende 1981/82.
(Ermittlungsbericht Strafanzeige BLKA, 28.5.1982, Blatt 0 02137)
Ein gewisser Robert Funk, zur Tatzeit knapp 20-jährig, war wie Behle als Fahrbegleiter des besagten Fahrzeug-Konvois am Tag des Anschlags eingeteilt und daher absurder Weise offizieller Beschuldigter des Ermittlungsverfahrens zum Oktoberfestattentat. Behle verleiht nun dem Ermittlungsverfahren um Rohre und rostige Sägen im wahrsten Sinne des Wortes Brisanz: Er behauptet, erfahren zu haben, dass Funk in einer US-Kaserne Sprengstoff gestohlen habe.
Eine solche Aussage wirbelt aber nicht nur das Verfahren wieder hoch sondern schafft, zusammen mit den hochgeheimen Unterlagen, die ein Geheimdienst dazu noch so anfertigt, wenn er seinen Spitzel zu solchen Falschaussage-Straftaten anweist, die Grundlage für Legenden der Zeitgeschichtsschreibung. „Militärischer Sprengstoff“ steht dann irgendwo in einer Akte, die ihren Weg zum willfährigen Sachbuchautor findet. Und das war doch die Bombe auch? Ein Ungetüm aus militärischem Sprengstoff? fragt der Antifaschist gut und gerne 35 Jahre lang, als ein gefügiges Werkzeug der Geheimdienste.
Solche Assoziationswut und Abschreiberei findet ihren Niederschlag bei Leuten wie Ulrich Chaussy, aber auch bei jenem Anonymus, der sich „Tomas Lecorte“ nennt. Dessen wenigstens in Ansätzen respektable „Revision“ der Zeitgeschichtsschreibung im Kontext des Oktoberfestattentats geht mit der Lüge Behles in die Falle und spricht in Bezug auf den Anschlag und Funks angeblichen Sprengstoff von „einem Kilogramm TNT“ und „mutmaßlich tatgleichem Sprengstoff“ (Lecorte, T., 2014, Oktoberfest-Attentat 1980. Eine Revision. Berlin, S. 139), der in der Wohnung des unglücklichen Funk gefunden worden sein soll.
So entstehen antifaschistische Legenden: Erst denkt sie sich ein Geheimdienst aus, dann folgt die Straftat der Falschaussage, vor welcher Behörde auch immer, dann die Aktenerstellung und schließlich das Durchstechen an die Antifa. Unwillkürlich denkt man an das legendäre Garagen-TNT in Jena, das es nie gegeben hat: Woher wissen Schriftsteller wie Lecorte, dass es sich um „mutmaßlich tatgleichen Sprengstoff“ gehandelt haben soll, und woher haben sie die präzise Mengenangabe dazu?
(Ermittlungsbericht Strafanzeige BLKA, 28.5.1982, Blatt 0 02137)
Ein wahrer Lautsprecher der Geheimdienste, dieser Behle. Dabei hatte er es sehr gut verstanden, sich aus Berechnung bei jenen Leuten Liebkind zu machen, die in der WSG-Ausland ihre miese Gesinnung und ihre dreckigen rassistischen Komplexe nicht auszuleben vermochten. Einem Mann wie dem nazistischen Oktoberfestlügner Marx müssen Behles Stories gefallen haben, wenn er wieder einmal die Anekdote vom „Schwarzen Mann“ zum Besten gab. In seiner Bundeswehrzeit, so Behle, habe man unbeliebte Kameraden nachts geweckt und ihre Ärsche mit Schuhcreme geschwärzt, um sie „demütigen“.
Was aber ein rechter Lautsprecher der Geheimdienste ist, der gibt nicht so schnell auf. Im Folgenden präsentieren wir ein Zeitdokument, das Behles Niedertracht in einer selbst für den Außenstehenden fast schon schmerzlichen Weise dokumentiert. Es handelt sich um einen Brief, mit dem Behle versucht, Jahre nachdem er Hoffmann mit seinen zahlreichen Falschaussagen dauerhaft hinter Schloss und Riegel gebracht hat, noch einmal sein Vertrauen zu erschleichen.
(Behle aus der Freiheit an Hoffmann im Nürnberger Knast, Briefsendung 1987: „Ich bitte Sie hiermit ausdrücklich mir meine früheren Verfehlungen zu verzeihen, ich bedaure daß ich so dumm sein konnte. Ich bin bemüht {mich} meine Fehler nie wieder zu wiederholen. Ich würde mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie mir antworten würden und verbleibe für Heute mit dem besten Gruß Walter U. Behle“)
Es war diesem Mann nicht zu blöd, auf Befehl seiner scheußlichen Herrschaft den jahrelang einsitzenden Hoffmann anzuschleimen, offensichtlich in der Vorstellung, ein solcher Versöhnungsantrag könnte dem seelisch angeschlagenen ehemaligen „Chef“ in seiner vermeintlichen Schwäche imponieren. Wenn Behle hier bittet, ihm seine Verfehlungen zu verzeihen, so sagt er an anderer Stelle in diesem Brief, er würde bei einer Revisionsverhandlung alle seine Schweinereien wieder gut machen wollen. Wieder andere Passagen dieses Briefs, der nicht beantwortet worden ist, sind zu widerlich, als dass sie hier dokumentiert werden könnten.
Nicht jede Versöhnung muss sein.
Aber reden könnte man miteinander oder zueinander, und dieser Blog könnte das dokumentieren.
Hoffmann, der uns die hier herumstrolchenden Türken als „Volksgenossen“ verkaufen will und den Freimaurertraum von der „Totalen Verschmelzung aller europäischen Völker“ träumt. Seinen Haß auf die „Völkischen“ hier austoben und die wahren Agentenschweine schonen. Armselig!
Schöne Grüße von Uwe Mainka, wir hatten gestern erst wieder miteinander telefoniert. Er ist heute noch stolz darauf, daß seine Flucht (mit Behle) den Untergang einläutete.
Wie ein gewisser Herr Temme also.
Daran könnte womöglich mehr wahr sein, als man auf den ersten Blick denken möchte, nur daß das „stille Örtchen“ ein anderes wahr, als es dem arglosen Zuhörer vielleicht in den Sinn kommt – ich zitiere hierzu Prof. Foschepoth:
Wer wissen will, wie Behles „stilles Örtchen“ womöglich ausgesehen haben mag, sollte sich dieses Filmchen mal ansehen:
http://www.3sat.de/mediathek/index.php?display=1&mode=play&obj=33573
Leider ist es »nicht mehr verfügbar«, wie 3sat bedauernd mitteilt.
Darin wurde gezeigt, daß die Abteilungen, wo Bundespost-Beamte die aus der SBZ kommenden Briefe aufmachten, oftmals ganze Stockwerke (im Dachgeschoß) von Bahnpostämtern und Postdirektionen umfaßten, deren wahrer Zweck natürlich mit wohlklingennden erfunden Dienststellenbezeichnungen verschleiert und deren Zugang bisweilen durch versteckte Treppenaufgänge und unauffällige Türen getarnt war.
Es ist wohl mehr als reiner Zufall, daß sowohl Temme als auch Behle vor ihrer VS-Karriere beide Postbeamte waren.
Lieber Herr Marx, Sie fordern es einmal mehr heraus. Sagen Sie nachher nicht, Sie hätten es nicht gewollt.
Marx, das Maß ist voll. Greifen Sie schon mal zum Hörer und verständigen Sie Ihren sauberen Agentenfreund Mainka von den anstehenden Spielen.