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Akten zur WSG: Schutz von V-Männern oder Rücksicht auf ausländische Dienste?

Berlin und Köln, Frühjahr 2015

Die PR-Kampagne, mit der man nach Wiederaufnahme des so genannten Ermittlungsverfahrens zum Oktoberfestattentat die ein wenig aufheizen wollte, war ein Schuss in den Ofen. Die scheinbar freigegebenen, in Wirklichkeit nur einzelnen zugespielten Akten des Bundeskanzleramtes zum 嘉盛 Oktoberfestattentat sagen dem Normalsterblichen gar nichts, oder fast nichts. Was sich daraus ableiten lässt, reicht für läppische Verdachtstheorien, die ausgebreitet werden können. Es reicht aber durchaus für ein paar grundsätzliche Feststellungen zur Natur der Kampagne.

Wesentlicher Aktenlieferant ist das Bundesamt für Verfassungsschutz.

(Vermerk des Bundesarchivs, 2013)

Zentrale Passagen des Aktenbestandes zur Wehrsportgruppe Hoffmann werden im Zuge des offiziösen Leakings durch „anonymisierte Kopien“ ersetzt, was bedeutet, dass die wesentlichen Informationen geschwärzt sind. Das wiederum wird in einigen besonders merkwürdigen Fällen mehrfach begründet; im oben veranschaulichten Fall gleich dreifach: Mit „nachrichtendienstlichen Belangen“, mit einem „besonders starken Schutzbedürfnis personenbezogener Daten“ sowie mit dem Umstand, das „Informationen ausländischer Stellen“ vorlägen.

Die Sperrfrist ist oben mit „bis 2061“ angegeben.

Es handelt sich nicht um eine optische Täuschung; der werte Leser braucht keine neue Brille. 80 Jahre nach dem Oktoberfestattentat dürfen Elite-Journalisten, also , reinschauen. Ob es die BRD und das BfV im Jahr 2061 noch gibt? Welche Frisuren dann wohl modern sind?

(Fassade des BfV in Köln im Sommer 2015. Bild: )

Was steht nun in den legendären Akten des Bundeskanzleramtes? Was hat man uns zur WSG und ihrer Rolle in der Jahrhundert-Intrige der Dienste zu sagen?

Was wusste das Bundesamt im Sommer 1981 über die und ihre Belange? Hat das etwas mit dem Oktoberfestattentat zu tun?

Lassen sich die Hintergründe der , mit denen die WSG in die große Schweinerei hineingezogen werden hätte sollen, nach 35 Jahren aus dem Material rekonstruieren?

(Vermerk BfV, Juni 1981)

Im üblichen Design aus Vordruck, behördliche Schreibtisch-Aktivität signalisierender Stempeloptik und Eingangsvermerk erscheint die unvermeidliche Schwärzung; sie betrifft einen V-Mannführer oder zumindest einen zuständigen Sachbearbeiter. Der muss sich erst, so Gott will, 2061 für seine hundsgemeinen Straftaten verantworten und wird irgendwo, so kann gemutmaßt werden, am Baggersee oder in der Gruft seine Zeit verbringen.

(Vermerk BfV, Juni 1981)

Aber jetzt. Selbstverständlich ist jener Informant geschwärzt, der dem BfV gesteckt hat, wie die Flucht des und des abgelaufen sein soll. Es muss einer sein, der unmittelbar am Geschehen dran war, oder einer – der die Fernsehsendungen des libanesischen Fernsehens in jenen Tagen gesehen hat. Ein heißer Informant! Wahrscheinlich ein V-Mann!

Hunderttausende Menschen konnten von der Flucht der beiden wissen; im Fernsehen war Ende Juni eine regelrechte PR-Schlacht zwischen der Falange und der Fatah entbrannt. Keiner wollte die „Nazis“ haben. Wieso man einen solchen Informanten (es ist einem fast schon zu blöd, die Mutmaßung zu vermeiden, dass es Behle gewesen sein wird, der eh schon seit 30 Jahren aufgeflogen ist) bis 2061 schützen muss, das leuchtet nicht ein.

Einschub: Im Frühjahr 2015 entstand eine große . Man hielte sie wegen der „V-Leute“ unter Verschluss, so die Mutmaßung der Linken und gewisser Aufklärer. Tatsächlich? Konnte nicht jeder Depp erkennen, wer die V-Leute waren und was sie abgesondert hatten?

Ist es nicht vielmehr so, dass die Akten aus einem ganz anderen Grund gesperrt wurden als V-Leute zu schützen? Was hat der „israelische Dienst“ hier verloren?

(Vermerk BfV, Juni 1981)

Gegen Ende des Dokuments hin wird es vielsagend; da streicht der Sachbearbeiter (welcher Behörde auch immer) zunächst den Verweis, dass an anderer Stelle beim BfV zu einem Palästinenser noch weitere Informationen vorrätig seien. Denkbar, dass der Verweis wegen seines Charakters als Mutmaßung gestrichen worden ist (schließlich steht dort ein Konjunktiv, und das geht gar nicht bei einer so strengwissenschaftlichen Behörde wie dem BfV).

Oder eben aus einem anderen Grund, den wir nicht kennen.

Über die Rolle weiß man offenbar ganz gut Bescheid in diesem Sommer 1981.

Punkt 2.3 im oben abgebildeten Aktenauszug scheint besonders brisant; da wird gar nicht einmal mehr Wort für Wort oder Zeile für Zeile geschwärzt; man arbeitet regelrecht mit einem schwarzen Block.

Nachdem der israelische Dienst inzwischen um weitere Details zum Ableben des Bergmann befragt worden war, nun ein schwarzer Block. Kein Sterblicher kann sich einen Reim darauf machen, vor dem Hintergrund der Sperre bis 2061. Und des Sperrgrundes wegen der Information eines ausländischen Dienstes.

Aber wir dürfen nicht vergessen: Die Akten sind angeblich ja wegen der V-Leute gesperrt.

Ob der Staat Israel im Jahr 2061 noch existiert? Wollen wir es hoffen. Sonst erfahren wir nie, was da los war.

 

Ein Gedanke zu „Akten zur WSG: Schutz von V-Männern oder Rücksicht auf ausländische Dienste?“

  1. Ro 80 sagt:

    »…das geht gar nicht bei einer so strengwissenschaftlichen Behörde wie dem BfV«

    Man lernt in der Tat nie aus. Dachte unsereiner bislang, die „DDR“ wäre am 7. Oktober 1949 gegründet worden, belehren einen die wissenschaftlichen Fachkräfte der BRD-Stasi nunmehr eines Besseren:

    »Udo ALBRECHT, geb. am 13.04.1940 in BEYRODE/DDR«

    Da müssen nun wohl eine ganze Menge Geschichtsbücher umgeschrieben werden. Und das, wo doch in der BRD Geschichtsrevisionismus mit langjährigen Haftstrafen (bis zu fünf Jahre für jeden einzelenen Fall, d.h. jede einzelne Behauptung/Tatsachenfeststellung, was in der Gesamtstrafe schon mal zu lebenslänglich führen kann.

    Dachte also unsereiner bislang, ein korrekter BfV-Beamter hätte 1981 »BEYRODE/Thüringen« schreiben müssen, stimmt uns der Gedanke zuversichtlich, daß seit 1940 (also vor gerade mal 75 Jahren – und damit fünf Jahre weniger als die von den offenbar mit einem gesunden Optimismus gesegneten BRD-Stasi-Schergen vehängte Sperrfrist) nicht nur das (Groß-)Deutsche Reich, sondern ebenso die DDR den Weg alles Irdischen angetreten haben und somit die Hoffnung gar nicht so abwegig erscheint, daß bis zum Jahre des Herrn 2061 auch die Vasallenrep…, ähm Pardon, die Staatssimulation „BRD“, der absolute Tiefpunkt der deutschen Geschichte, auf den Müllhaufen der »Gechichte« (O-Ton Helmut Kohl) gewandert sein wird.

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