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Publizistische Selbstsprengung: Das Oktoberfestattentat des Andreas Förster

Mai 2015, Zehlendorf

Leider muss heute, was für diesen Blog ja nicht unüblich ist, die tragische Geschichte eines Menschen erzählt werden, der sich selbst in die Luft gesprengt hat. Sicher, wird der eine oder andere Leser einwenden, das kommt vor in geheimdienstlich unterwanderten Milieus; und trotzdem rührt es zu Tränen, von der publizistischen Selbstsprengung eines Mannes zu erzählen, der auf seine Weise das Beste gegeben hat und furchtbar gescheitert ist.

Andreas Förster hat sich tatsächlich noch einmal zum Oktoberfestattentat eingelassen. Und es ist nicht gut ausgegangen.

Im Grunde ist es schnell erzählt: Förster „recherchierte“, tippte einen Artikel in den alten Rechner, sah, was beim Schreiben alles schief gegangen war und torkelte auf den Papierkorb zu, die Höllenmaschine der missratenen Abhandlung in Händen. Fest entschlossen, das Ding zu entsorgen, kam ihm doch noch irgend etwas dazwischen und die USBV.doc entfaltete ihre Wirkung. Diesmal wird es freilich keine Fernzündung sondern der Gedanke an kleines Geld, wenn auch nicht mehr von der Zeitung, gewesen sein.

Schrecklich, wird man einwerfen, und doch: Wir wollen den grausigen Zwischenfall nicht der Stasi anhängen (immerhin war Förster vor Jahren Mitglied einer dubiosen Wehrsportgruppe „Feliks Dzierzynski“ gewesen), sondern ihn Satz für Satz durchgehen. Es muss sein, im Interesse unserer lobenswerten bürgerlichen Demokratie, dieser wunderbaren Regierungsform, nach der es nie wieder etwas Besseres geben kann.

Zeichnen wir den Schrecken nach.

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(Schnappschuss aus einem Zeichenkurs)

Zehn Monate sitzt Udo Albrecht bereits wegen mehrerer Banküberfälle in Untersuchungshaft, als der Rechtsterrorist Ende Juni 1981 vor der Staatsanwaltschaft auspackt. Den Ermittlern gibt er zwei Waffenverstecke seiner sechsköpfigen Nazihorde „Wehrsportgruppe Ruhrgebiet“ preis, in München und Dortmund.

Förster beschädigt sich zunächst schwer mit der Behauptung, Albrecht sei Rechtsterrorist gewesen. Politische Straftaten mit einem so genannten rechtsradikalen Hintergrund, die als Terrorismus einzuschätzen wären, hat Albrecht nicht begangen. Sogar Försters ehemaliger Dienstgeber, die Stasi, hielt eine solche Vermutung 1981 für Unsinn. Vielmehr hat Albrecht mit palästinensischen Aktivisten und dem BND zusammen gearbeitet und entsprechende Straftaten begangen. Daneben war er einfach ein Berufskrimineller.

Eine furchtbare Lunte an sich selbst legt Förster auch mit der alten Leier von der „WSG Ruhrgebiet“, diesmal noch dazu als einer sechsköpfigen Hydra Nazihorde. Seine Horden kann sich Förster als feuchtes Schwarzpulver aufs Haupt schmieren, denn eine „WSG Ruhrgebiet“ hat es nie gegeben und ist genauso eine BND-Aktenfälschung wie der gesamte Prozess gegen sie. Eine namentliche Nennung der angeblichen Mitglieder dieser Phantom-WSG erfolgt nicht… Aber Förster schluckt alles, was man ihm vorsetzt, solange die aktuellen Machthaber dahinter stecken. Und wenn er einmal einen Lügenartikel nicht bei einem zweitklassigen Blatt unterbringt, publiziert er ihn gratis, um wenigstens in Zukunft was unterzubringen.

Noch schlimmer wird es bei seiner Schilderung der vom BND getürkten Flucht Albrechts in die DDR, einem lachhaften Einschleusungs- und Unterwanderungsversuch:

Am 29. Juli fährt der Neonazi mit einem ganzen Tross von Justiz- und Polizeibeamten an den Grenzabschnitt mit der Bahnlinie. Die Bewacher nehmen ihm die Handschellen ab und drücken ihm eine Schaufel in die Hand. Als ein Zug kommt, läuft Albrecht plötzlich über die Gleise Richtung Grenzzaun. DDR-Grenzer öffnen eine Tür, der Rechtsterrorist springt hindurch. Als seine Bewacher ihm folgen wollen, werden sie von den DDR-Soldaten mit vorgehaltener Waffe gestoppt.

Bei diesen Worten zischt es dem Förster schon um die Ohren; die Lunte der Desinformation scheint durchzuschlagen. 1981, zum Zeitpunkt seines vom BND veranlassten Grenzübertritts, war Albrecht alles Mögliche, nur kein Neonazi mehr; eher müsste man ihn als einen Kundschafter der BRD bezeichnen. Schrecklich auch die suggestiven Formulierungen zum Verhalten der DDR-Grenzer; wieder übernimmt Förster einfach die Fälschungen des BND, die man ihm in malerischen Aktenordnern vorgesetzt hat. Demnach hätten die DDR-Grenzer Albrecht buchstäblich mit vorgehaltenen Waffen nach Osten eskortiert.

Die filmreife Flucht von Albrecht, der eine der maßgeblichen Kräfte in der rechten Terrorszene Westdeutschlands war und Kontakte zu Nachrichtendiensten hüben und drüben der Mauer pflegte, gehört zu den vielen bis heute rätselhaft gebliebenen Vorgängen im deutsch-deutschen Geheimdienstkrieg.

Da wir hier nur am Vorgang der publizistischen Selbstsprengung interessiert sind, ignorieren wir die bereits vor längerer Zeit beweisfähig widerlegte Falschbehauptung, Albrecht sei ein maßgeblicher so genannter Rechtsterrorist gewesen und konzentrieren uns auf den Umstand, dass Förster so tief gesunken ist, dem Oktoberfestblog sogar die Adjektive zu stehlen. Als „filmreif“ wurde Albrechts vermeintliche Flucht nämlich kürzlich an dieser Stelle bezeichnet und nirgends sonst.

Nach ein paar unsinnigen Wiederholungen leicht widerlegbarer Behauptungen des BND und einigen Mystifikationen zu den Grünen gelangt Förster schließlich zum finalen Selbstschlag, seiner publizistischen Selbstsprengung. Es geht um die Täterfrage beim Oktoberfestattentat:

Vermutet werden mögliche Mittäter insbesondere unter Mitgliedern und Kontaktleuten der 1980 verbotenen Wehrsportgruppe Hoffmann (WSG), einer bewaffneten und extrem gewaltbereiten Nazihorde, der auch Köhler zeitweise angehört hatte. Deutsche Nachrichtendienste führten innerhalb der 1973 gegründeten Vereinigung eine bis heute unbekannte Zahl an Spitzeln. Nur ein früherer WSG-Mann, Walter Ulrich Behle, bekannte sich später dazu, V-Mann des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gewesen zu sein.

Mit diesem Käse geht gleichsam der Zünder der Höllenmaschine los; Förster riskiert aufwändige Gerichtsverfahren, wenn er behauptet, dass die WSG Hoffmann auf deutschem Boden „bewaffnet“ gewesen sei und ihre Mitglieder sich als Angehörige einer Nazihorde bezeichnen lassen müssten. Nicht einmal für die alte Platte der angeblichen Mitgliedschaft Köhlers in der WSG ist sich Förster zu schade; er legt sie auf und geht daran zugrunde. Selbst ein Antifa-Hundling wie Chaussy hat längst begriffen, dass diese Behauptung nicht mehr aufrecht erhalten werden kann.

Was sich in der WSG an Spitzeln herumgetrieben hat, ist an dieser Stelle doch auch schon längst dokumentiert worden, und Förster weiß es recht genau, denn er kennt ja den Blog…

Im Bruchteil einer Sekunde frisst sich der Zünder dann in den nicht ausermittelten Sprengstoff der publizistischen Höllenmaschine und zerstört ihren Autor:

Auch der Bundesnachrichtendienst interessierte sich für die Wehrsportgruppe Hoffmann, insbesondere wegen deren Verbindungen in den Libanon und zur Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Im Bundesarchiv ist seit vergangenem Jahr eine BND-Akte einzusehen, die Berichte über die WSG aus den Jahren 1980 und 1981 enthält. Hinweise auf das Oktoberfestattentat finden sich in dieser – unvollständigen – Akte jedoch nicht.

Mit dieser Verdachtskonstruktion, die praktisch alles an Dummheit und abgedroschener Bösartigkeit enthält, mit dem man gegen ein abgenudeltes Phantom vorgehen kann, setzt sich Förster die Krone der brotlosen Desinformation auf und geht gleichzeitig in die Luft. In seiner Brust klafft nach der Tat ein großes publizistisches Loch.

Er wird doch wohl nicht suggerieren wollen, dass… der Staat… durch Aktensperrungen Hinweise auf eine Täterschaft der…

WSG Hoffmann

vertusche… …

Der Rest ist Schweigen. Von Förster werden wir wohl nichts mehr hören.

 

2 Gedanken zu „Publizistische Selbstsprengung: Das Oktoberfestattentat des Andreas Förster“

  1. Mogadisch sagt:

    Sigi, Du bist ein Sprachkünstler! Sehr gut!

  2. Rudolf Brettschneider sagt:

    *** Gedöns weglassen 😉 ***
    Gruß vom Admin.

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