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Quatsch für Mutter Helga: Türkische Ausbilder in der WSG

Schloss Ermreuth, August 2015

Gern zitiert Rainer Fromm in seiner Dissertation den Stern und folgt dieser unseriösen Quelle in der politischen Einordnung der Tatsachen. Neben den gigantischen Mengen an Unsinn, die so Eingang in sein Machwerk finden, schreibt Fromm aber auch einige zutreffende Sachen ab. Gern übersieht er natürlich auch zutreffende Dinge.

So macht der Stern in seiner Ausgabe vom 28. Februar 1974 eine interessante Anmerkung zu meiner Person, die sofort jeden hätte stutzig machen müssen, der in mir den Nazi sehen wollte:

Bald brauchte er nicht mehr selber zu arbeiten. Er beschäftigte, eigenen Bekundungen zufolge, zehn Türken, die schließlich auch Hoffmanns Truppe zu einer Art internationaler Bewegung machten.

Der Hinweis auf die Zusammenarbeit mit den Türken ist ausnahmsweise richtig. Ich habe immer gern mit Türken gearbeitet. Und es stimmt auch, dass die Formalausbildung der ersten WSG Gruppe von einem Türken durchgeführt wurde. Dieser Türke hatte bei der türkischen Kriegsmarine gedient. Das hatte zur Folge, dass auch später noch bis zum Schluss am 30. Januar 1980 das „Griffe-Klopfen“ mit dem Gewehr nicht dem deutschen Exerzier-Reglement folgte, sondern nach der in der türkischen Marine üblichen Art. Hat man sich angesichts dieses Umstandes nicht zu fragen, ob mein damaliges Verhalten dem Muster eines „Neonazis“ entsprach?

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(Geht nicht als Türke durch und kaum als deutsche Blondine: Rainer Fromm)

Weiter im Text des Stern vom 28. Februar 1974:

Jahre vergingen bis Hoffmann wieder von sich reden machte. Am 6. Juni 1973 morgens um drei, stellte der „Hauptmann“ ein Stück „Berliner-Mauer“ aus Pappe auf dem Nürnberger Hauptmarkt auf. Es sollte ein Fanal sein, der Beginn dessen was er als seine „Sammlungsbewegung“ bezeichnet.

Ein paar Meter Mauer-Attrappe habe ich in Nürnberg auf dem Hauptmarkt aufstellen lassen, übrigens von zwei türkischen Mitarbeitern, aber nicht, wie der Stern phantasiert, als „Fanal“ für irgendetwas, sondern als Ausdruck meines persönlichen Protestes gegen die damals vorbereiteten „Ostverträge.“

So unsinnig und kurios der Sternbericht vom 28. Februar 1974 auch war, so hat er doch eine enorme Wirksamkeit entfaltet. Das Klischee vom „irren Neonazi Hoffmann“ war kreiert und dominierte von da ab, wenn es Veranlassung gab über meine Aktivitäten zu berichten, die in- und ausländische Medienlandschaft.

Auch Rainer Fromm hat sich von der unsachlichen Sicht auf meine Person nicht, oder wenigsten nicht vollständig, lösen können.

„Am Beispiel der WSG lässt sich zweierlei dokumentieren: die geringe Wirkung von Verboten auf die Aktivisten und die jahrelange Verharmlosung und Unterschätzung paramilitärischer Gruppen wie neonazistischer Kadergruppen“ (Dudek 1985, S. 160)

(Fromm, S. 44)

Das von Fromm vorgestellte Dudek-Zitat ist sachlich falsch und einfach widerlegbar. Wie kann behauptet werden, das vom Innenminister am 30.1.1980 erlassene Verbot der Wehrsportgruppe Hoffmann sei wirkungslos gewesen? Nicht nur ich persönlich, sondern auch das Personal der WSG hat das Verbot akzeptiert und sich aus Gründen der Vernunft streng daran gehalten. Wir wollten uns auf keinen Fall aus der Legalität in den Untergrund abdrängen lassen. Die WSG hatte nach dem Januar 1980 aufgehört zu bestehen. Der organisatorische Zusammenhalt wurde nicht weiter aufrecht erhalten. Das ist eine nicht widerlegbare Tatsache. Das Verbot war durchaus wirksam jedenfalls im Hinblick auf meine Person und das, der Verbotsverfügung unterworfene Personal der WSG.

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(Formalausbildung am Gewehr nach dem Reglement der türkischen Marine: WSG Hoffmann)

Und schließlich ist es sachlich falsch, die WSG als „neonazistisch“ zu bezeichnen. In diesem Zusammenhang verweise ich auf den beachtlichen Umstand, dass Fromm immerhin im Laufe seiner Recherchen zu der Erkenntnis gelangte, dass mir persönlich das Etikett „Neonazi“ zu Unrecht aufgeklebt wurde.

Auch wenn Hoffmann die neonazistische Ideologie ablehnt….

Trotz einiger ideologischer Parallelen wird der Begriff „Neonazi“ dem tatsächlichen Treiben Hoffmanns nicht gerecht. (…)

(Fromm, S. 51 & S.58)

Folgt man der Einschätzung des damaligen Innenministers, so war ich in der WSG das einzige Organ zur Willensbildung und bedenkt man gleichzeitig mein tatsächliches, dem Nationalsozialismus durchaus kritisch gegenüberstehendes Weltbild, so muss man zwangsläufig zu der Erkenntnis kommen, dass die WSG keine neonazistische Organisation gewesen war.  

Zu diesem Schluss war nach akribischer Aufarbeitung Jahre lang vorangegangener polizeilicher und gerichtlicher Ermittlungen schließlich auch das Nürnberger Landgericht in einem rechtskräftig gewordenen Urteil gelangt.

Für Fromm sind Nichtnazis als alleinige Willensbildungsorgane von Neonazikadergruppen kein Problem. Was für ein Blödsinn von unserem sauberen Akademiker.

(Eine Kolumne bis Weihnachten von Karl Heinz Hoffmann über die Mängel der Dissertation von Rainer Fromm; Bildgestaltung und Bildunterschriften durch die Redaktion)