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Zur Motivlage der Behörden: Was der erbärmlichste Geheimdienst der Welt nicht verzeiht

70er-Jahre, Bundes- und Landesämter für Verfassungsschutz

Im Verlauf der 70er-Jahre beschließen so genannte Strategen der Aufklärungsarbeit in den Bundes- und Landesämtern für Verfassungsschutz die Infiltration des Umfelds von Karl Heinz Hoffmann. Gleich zu Beginn wird der im Rahmen dieses Blogs bereits geoutete sudetendeutsche Kapazunder Franz Lippert auf ihn angesetzt; er vermittelt den Kontakt zu dem Karteileichen-Verein „Jung-Stahlhelm“, unter dessen Dach Hoffmann seine Jugendarbeit beginnt sowie zahlreiche weitere Kontakte, vor allem zu älteren so genannten Rechtsextremisten. Lippert wird allerdings bereits Anfang 1974 als Spitzel erkannt und fristet sein fragwürdiges Dasein als „unser Spitzel“, ab 1977 als Kassenwart des „Freundeskreises“ der WSG. Wie es dieser seltsame Charakter ausgehalten hat, jahrelang auf eine solche Weise ausgehalten worden zu sein, erschließt sich dem Normalbürger nicht.

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(Der markige VS-Kapazunder und Rentner Lippert in den 80er-Jahren)

In der Anfangszeit der WSG kommt es dann schon mal vor, dass ein älterer Spitzel am Caféhaustisch zusammenbricht und sich Hoffmann offenbart; einem davon, einem ehemaligen Gestapo-Spitzel namens Erich Nietsch, der nunmehr für das Bayerische Landesamt tätig war, erging es so und auch er wurde in der darauffolgenden Zeit behandelt, als ob nichts geschehen wäre.

Was sich wohl die Strategen in den Ämtern gedacht haben?

Mitte der 70er-Jahre startet dann die Antifa, von der wir ja wissen, dass sie ebenso unterwandert ist wie der vorgebliche ideologische Gegenpol, ihre Unterwanderungsversuche. Die Möchtegern-Maulwürfe konnten allerdings durchwegs mit der robusten Methode des plötzlichen Hausbesuches enttarnt werden, wobei die Ehefrauen bzw. linksliberalen Lebensabschnittspartnerinnen natürlich über das Doppelleben des Betroffenen nicht immer glücklich und meistens überrascht waren.

Auch die von Geheimdiensten durchseuchten Redaktionsstuben der großen „deutschen“ Illustrierten unternahmen ein Gleiches; deren Provokationen bereits im Vorfeld der Teilnahme an WSG-Übungen fielen aber in einer Weise plump aus, dass eine eigentliche „Enttarnung“ meist gar nicht mehr nötig war.

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(E-Mail an einen ehemaligen Führungsoffizier der Stasi)

Natürlich war auch die Stasi nicht untätig, obwohl dieser Geheimdienst bei weitem nicht so erbärmlich agierte wie die westdeutschen Kollegen. In Ost-Berlin war man sich über die wahre Natur der WSG durchaus im Klaren und benutzte sie höchstens als Projektionsfläche für die Anti-West-Propaganda. Jener „IM Kaufmann“, von dem in der Mail an seinen ehemaligen Führungsoffizier die Rede ist, war denn auch ein Spitzel des Bundesamtes, der sich Hoffmann offenbarte, danach umgedreht und als Informationsgeber benutzt wurde. Dass er auch der Stasi Auskünfte erteilte, hat niemandem geschadet; der Mutter dieses Mannes, der heute in Potsdam lebt, soll es genutzt haben. Diese Frau war nach der Ausreise des Sohnes diversen Repressalien ausgesetzt. Alles in allem hat es „IM Kaufmann“ nicht verdient, heute noch öffentlich geoutet zu werden.

Andere versuchten es als Selbstanbieter bei der Stasi und wurden dort abgewiesen; auch über den Herrn C.W. soll hier der sanfte Mantel des Schweigens gebreitet werden. —

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(Peter Weinmann, Tausendsassa der europäischen Geheimdienste)

1976 meldete sich ein Peter Weinmann bei der WSG; der ehemalige Polizist und nunmehrige Geheimdienstmensch verstand es, sich mit der Vermittlung eines Beitrags in der Sendung „Monitor“ bei Hoffmann einzuführen und hätte eine Kontaktstelle der WSG in Köln aufbauen sollen. Damals noch ein Anfänger, und dennoch mit gleich mehreren Geheimdiensten gleichzeitig im Bunde, enttarnte sich Weinmann allerdings rasch selbst: Er bestellte ein Fernsehteam, diesmal eines anderen Senders, zu einem Ort, der nicht dafür vorgesehen war.

Eine rasche Hausdurchsuchung durch WSG-Männer, durchgeführt in seiner Abwesenheit, förderte Unterlagen zutage, in denen Weinmann dem VS über die WSG berichten wollte. Die Papiere enthielten Informationen, die Weinmann aber im Rahmen seiner Spitzeltätigkeit nicht selbst erhalten haben konnte. Der Schlauberger versuchte also, Geheimdienstinformationen der einen an die andere Seite zu verkaufen und als eigene Informationen auszugeben. Er setzte sich nach der Durchsuchung, bei der seine Unterlagen vernichtet wurden und seine WSG-Uniform mitgenommen wurde, nach Italien ab. 1994 wurde Weinmann vor Gericht als Mitarbeiter der Stasi enttarnt, gleichzeitig wurde seine Mitarbeit bei diversen italienischen Geheimdiensten offenbar.

Bis 1979 konnten in der WSG zwei weitere Spitzel des VS erkannt werden; in beiden Fällen offenbarten sich die Betroffenen selbst gegenüber Hoffmann. Einer der beiden „Spitzel“ war Fotograf und Kameramann für die WSG und lieferte dem VS astreines Material, das als Basis der „konspirativen Öffentlichkeitsarbeit“ gegenüber dem erbärmlichsten Geheimdienstkonglomerat der Welt eingesetzt wurde. Ähnlich ein Spitzel des MAD, dessen Informationen über die WSG keine Berge versetzt haben werden. Ein weiterer „umgedrehter“ VS-ler aus der WSG ist heute hoher Polizeioffizier in München.

Die Gegenaufklärung ging so weit, dass die WSG Aktionen anderer Gruppen filmisch festhielt, wie Christian Worch heute bestätigen kann.

Der Leser wird nun vielleicht fragen: Was um alles in der Welt hatten sich die deutschen Geheimdienste da für Dilettanten angelacht? Wie schlecht kann ein Führungsoffizier überhaupt sein? Andererseits: Wie groß muss der Hass eines so erbärmlichen Geheimdienstes auf jemanden sein, der V-Leute grundsätzlich umdreht und als „Monitore“ der Desinformation einsetzt? Wäre doch nicht schlecht, so jemanden aufs Glatteis zu führen, ihm über Jahrzehnte alles Mögliche anzuhängen und ein Leben lang zu verfolgen? Zur Not mit fremder Hilfe…

Schon um die dienstliche Ehre wiederherzustellen, sofern es so etwas gibt, beim erbärmlichsten Geheimdienst der Welt?

 

2 Gedanken zu „Zur Motivlage der Behörden: Was der erbärmlichste Geheimdienst der Welt nicht verzeiht“

  1. vonstein sagt:

    Am 16. Februar 1994 wurde in Koblenz dem STASI-Agenten Weinmann der Prozeß emacht.

    Die Gerichtssaalkiebitze, die am 16. Februar 1994 im Oberlandesgericht Koblenz mit Spannung die Verhandlung gegen den Mehrfachagenten Karl Peter Weinmann erwartet hatten, staunten nicht schlecht. Das
    Oberlandesgericht, so führte der Vorsitzende aus, habe „aus guten Gründen“ die Anklage erheblich eingeschränkt und die Tätigkeit des Peter Karl Weinmann für den italienischen militärischen Nachrichtendienst SISMI werde nicht verfolgt. Diese, so verkündete der Vorsitzende, sollte in der Verhandlung auf keinen Fall zur Sprache kommen. Er bat den Angeklagten daher dringend, sich ausschließlich zu den angeklagten Tatkomplexen und zu nichts anderem zu äußern.

    Weinmann kam der Bitte gnädig nach und ebenso gnädig verfuhr dann das Gericht mit ihm. Der Staatsanwalt konnte voll Milde für 10 Monate bedingte Haft plädieren und der Richter gewährte noch milder 9 Monate
    auf Bewährung.

    Damit war für die deutsche Justiz der Fall erledigt.

    Wozu sich Weinmann allerdings hätte äußern können, das hatte der Mehrfachagent drohend in einem selbst verfaßten Lebenslauf angedeutet, den er vor Verhandlungsbeginn an die Presse verteilt hatte und der offenbar seine Lebensversicherung gegenüber der deutschen Justiz gewesen war. Hinsichtlich seines „Überganges“ vom Bundesamt für Verfassungsschutz zum „befreundeten Dienst SISMI“ seien die deutschen Behörden „noch lange nicht aus dem Schneider“, da stecke „noch mehr dahinter“ und er, Weinmann, „hebt sich hier etwas Munition für alle Eventualitäten auf“

    (Selbstverfaßter Lebenslauf Weinmanns. In Kopie im Besitz des Verfassers H. Golowitz.)

    Nun, Weinmann mußte seine Munition in dem Verfahren nicht auspacken, man hatte Rücksicht auf den allzu viel Wissenden genommen.

    (Helmut Golowitz in „Für die Heimat kein Opfer zu schwer, ab S. 681)

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