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Linke Waffenlegenden der WSG. Heute: Anton Pfahler

Nürnberg, September 1981

Nachdem im Gefolge des Vereinsverbots der WSG auch beim Unterführer Anton Pfahler Hausdurchsuchungen stattgefunden haben und man hunderte Gegenstände aus seinem Besitz beschlagnahmt hat, müssen diese nach Ablauf einer angemessenen Frist dem Bundeswehr-Reservisten Pfahler zurückerstattet werden. Es handelt sich um einen Teil jener legendären „LKW-Ladungen vollen Waffen“, die nach den phantastischen Angaben der zeitgeschichtlichen Literatur am bzw. nach dem 30. Januar 1980 aus dem angeblichen Vereinseigentum der WSG sicher gestellt worden waren. In weiten Teilen dieser Literatur ist von Panzerfäusten, scharfen Waffen samt Munition und Minen die Rede.

Ein großer Teil der im Januar 1980 beschlagnahmten Gegenstände waren bereits im Herbst 1980 herausgegeben worden. Mit wenigen Ausnahmen (etwa eine Feldküche) wurde die private Militaria-Sammlung Pfahlers im Rahmen der WSG nicht verwendet. Dennoch war sie samt und sonders beschlagnahmt worden, wie die Sammlungen anderer WSG-Männer auch.

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(Asservatenübergabeschein Pfahler, September 1981)

Allein die Tatsache, dass diese vollkommen ungefährlichen und legalen Gegenstände von den Behörden wieder an den Besitzer herausgegeben werden, belegt schon, dass die Vermutungen der zeitgeschichtlichen Literatur, man habe hier tatsächlich echte militärische Ausrüstung beschlagnahmt, unzutreffend ist. Leere Kartuschen, Übungsaufsätze für eine Panzerfaust und leere „Tellerminen“ stellen kein Bedrohungspotenzial für den Staat dar, zumindest nicht im Sinne der Gesetze.

Dort, wo von „scharfen Waffen“ die Rede ist, werden in Bezug auf Pfahler gern dessen HK-Sturmgewehre als beschlagnahmt genannt. Tatsächlich wurden diese Waffen aber von Pfahler legal über den Reservistenverband der Bundeswehr bezogen und nachweislich bereits vor Gründung der WSG an ihn geliefert. Selbstverständlich wurden diese Waffen 1981 wieder herausgegeben.

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(Rechnung der Firma Heckler und Koch, 1972)

Nachdem bereits die Sprengstofflegenden des Walter Ulrich Behle als gezielte Falschaussagen gegenüber den Geheimdiensten entlarvt worden sind, muss auch mit der Legende von den LKW-Ladungen voller Waffen aufgeräumt werden. Es handelt sich, in der Sprache des 21. Jahrhunderts, um „Re-Enactment-Kram“, um Gegenstände, die als militärische Dekoration oder Übungsgegenstände anzusehen sind. Über ein Vereinseigentum im eigentlichen Sinne verfügte die WSG nicht.

Bei der behördlichen Herausgabe muss Pfahler vor Zeugen die Gegenstände kontrollieren, schließlich will man sich nicht nachsagen lassen, dass während der Asservierungszeit eine „Wertminderung“ eingetreten sei.

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(Ãœbergabeprotokoll Pfahler, 1981)

Das schaurige Propagandamaterial, das angeblich im Zuge des WSG-Verbots beschlagnahmt worden sein soll, entpuppt sich bei der Durchsicht der Beschlagnahme- und Übergabeprotokolle als buchstäblicher Haufen uralter materieller Gegenstände aus der Zeit des Dritten Reiches, insbesondere alter Türschilder und Wandtafeln; Gegenstände, die im Jahr 2015 vor allem in Großbritannien zu horrenden Preisen als Zeitdokumente gehandelt werden. Wirksame „Nazi-Propaganda“ ist in diesem Herbst 1981 unter Einsatz einer alten Emaille-Tafel mit der Aufschrift „Schutzraum“ nicht möglich.

Dass die Polizei bei ihren Durchsuchungen nach dem Vereinsverbot in den Wohnungen der WSG-Männer auch Gegenstände aus dem Besitz von Personen beschlagnahmt hatte, die nicht zur WSG gehörten, muss als kleine Randbemerkung hinzugesetzt werden. Was nun genau aus dem beschlagnahmten Haufen Pfahler selbst gehörte und so indirekt der WSG zugeordnet werden kann, lässt sich heute nicht mehr zuverlässig rekonstruieren.

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(Vermerk zur ersten Asservaten-Ãœbergabe an Pfahler, November 1980)

Zusammenfassend lässt sich sagen: Illegale Waffen wurden im Zuge des Verbotsverfahrens der WSG Hoffmann ab Januar 1980 nicht beschlagnahmt. Dagegen kam es zur Beschlagnahme einiger scharfer Waffen, die legal von einzelnen Mitgliedern der WSG erworben und besessen und nicht in das Vereinsleben der WSG eingebracht worden waren. Die in der zeitgeschichtlichen Literatur so verbreiteten Vorstellungen von „LKW-Ladungen voller Waffen“ haben als reale Grundlage militärischen und zeitgeschichtlichen Krimskrams, der zwar noch Jahrzehnte später optisch wirksam in den Medien erscheinen sollte, rechtlich jedoch unbeachtlich ist.